Warum Selbsthilfe (alleine) scheitern MUSS – oder das Münchhausen-Phänomen | Co-Coaching | Companionship

Warum Selbsthilfe (alleine) scheitern MUSS – oder das Münchhausen-Phänomen

“Selbsthilfe (alleine)” ist ein Versuch ohne (menschliche) Hilfe von ‘Außen’, Probleme zu lösen, die i.d.R. etwas mit “Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben oder der eigenen Person” zu tun haben.

Aber die Aussage, die im Wort “Selbsthilfe” steckt ist etwas “ICH helfe MIR SELBST”. Da gibt es also ein Subjekt (das “Ich”), das einem Objekt (das “Mir” bzw. “das Selbst”) helfen will. Aus soma-linguistischer1 Sicht, ist dafür also eine “Spaltung” der eignen Person nötig, genauso wie in der Geschichte des Lügenbarons  Münchhausen, in der “(er sich) samt Pferd am eigenen Schopf aus dem Sumpf (zieht)”.

Die Spaltung in ‘Hilflosen” und “Helfer” setzt folglich voraus, dass der Helfer auch helfen kann, also bestimmte Fähigkeiten (‘Ressourcen’) hat, die dem “Hilflosen” ja gerade (scheinbar oder tatsächlich) fehlen – sonst würde er ja nicht auf die Idee kommen, sich mit Selbsthilfe zu beschäftigen.
Besonders beim Lesen von Anweisungen in Selbsthilfebüchern muss der Leser in eine Doppelrolle gleichzeitig schlüpfen: Das Gelesenen ist die Position/Rolle des Helfers, der “Zuhörer”/Leser ist der “Hilflose”.
Hilfreicher – weil die Trennung zwischen “Helfer- und Hilflosen-Rolle” klar ist, sind z.B. Audio-Dateien (CDs).

Es gibt noch weitere Punkte, die für Selbsthilfe-Versuche (alleine) eher ‘ungünstig’ sind. Einer der wichtigsten ist, dass die Bücher sich nicht an der individuellen Situation bzw. dem “Zustand” des Lesers orientieren (können)! Aber genau diese ‘Analyse des Ist-Zustandes’ entscheidet auch über die ‘richtigen’ Schritte und kann folgende Punkte umfassen:

  • Was genau ist das “Eigentliche Problem”: In welchem ‘Bereich’ bzw. auf “welcher Ebene” liegt es?
  • Wo liegt der effektivste und kleinste!!! Schritt der Veränderung?
  • Wie viel Energie und Zeit, kann der Leser (die Selbstentwicklerin) überhaupt für die Veränderungsschritte aufbringen?
  • Wie sieht es mit Geduld, Ausdauer und ‘Frustrationstoleranz’ aus?
    = Wieviele Tage können Sie eine ’neue Methode‘ alleine ‚durchhalten‘, bevor Sie sie bei Seite legen und (sich wieder) nach einer neuen ‚Technik‘ umsehen?
  • Welche Strategien haben Sie, um mit unangenehmen Gefühlen oder Zuständen umzugehen? Die bisherigen haben anscheinend nicht  langfristig geholfen, oder? (->  „Kreative Hilflosigkeit“ aus der Akzeptanz Commitment Therapie (ACT) )

Und dann gibt es da noch

das “Zwiebel-Schicht-Phänomen”

Während der persönlichen Entwicklung, den Selbsthilfe-Übungen, kommt man i.d.R. nach anfänglichen Erfolgen (1. Schicht) mit ‘unangenehmen’ Gefühlen in Kontakt (2.Schicht), wie Unruhe, Traurigkeit, Hilflosigkeit, Ärger oder gar Hoffnungslosigkeit .

Und die normale Schutztendenz besteht oft darin, diese Gefühle zu vermeiden. Dass heißt man wählt Strategien, die man immer schon gewählt hat und sich dafür am Besten bewährt haben: Ablenkung/Vermeidung, Aufgeben oder auch Verschieben (der Übung), müde werden etc.
Falls man es dennoch schafft weiter zu machen, gibt es erneut Fortschrittserlebnisse (3. Schicht), bis man wieder auf ‘Unangenehmes’ stößt (4. Schicht) und so weiter.

 

Um diese ‘Tücken’ im Selbsthilfe-Prozesse zu reduzieren ist es oft sehr unterstützend, einen Austausch mit anderen über die persönlichen Erfahrungen zu haben und zwar sowohl über die Blockaden und Hindernisse als auch die Schritte, die möglich waren. Das Companion-Forum bietet hierfür den Rahmen und die Möglichkeit, “Selbsthilfe” effektiver und ‘erfolgreicher’ zu gestalten….

Gerne würde ich von Ihren Erfahrungen mit “Selbsthilfe” lernen und freue mich über Kommentare oder – was ich für noch hilfreicher halte: Ein kurzes Interview am Telefon. Ich freue mich, wenn Sie Lust und/oder Mut haben, Kontakt aufzunehmen….

1 = Soma-Linguistik: Worte, die körperliche ‘Phänomene’ beschreiben (Z.B. “Ich trete auf der Stelle” oder “Ich kann dich nicht verstehen” oder “… die eigenen Entwicklung (‘Ent-Wicklung’ im Sinne von “Auswickeln” “Auspacken”) in Gang zu bringen und am Laufen zu halten “)

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Ist die “Anti-Frage” ein Schlüssel, um Grübeln und ‘chronische’ Probleme zu entmachten?

Ist die “Anti-Frage” ein Schlüssel, um Grübeln und ‘chronische’ Probleme zu entmachten?

Gerade am Grübeln oder an chronischen Problemen oder einer Problemtrance ist typisch, dass es ‘Geschichten’ oder Szenarien sind, die sich ständig wiederholen.

Man könnte ‘hinter’ den Grund kommen durch Analyse oder Frage aus dem lösungsorientierten Ansatz: “Was möchten Sie stattdessen?”

Die “Anti-Frage” zielt ebenso wie die lösungsorientierte Frage darauf ab, das Problem-Szenario, die Problem-Geschichte zu verlassen und eine Alternative zu entwickeln.

Die Anti-Frage erforderte aber im Gegensatz KEINE Konstruktion, keine Erfindung von etwas Neuem, sondern ist eine entdeckende, ergebnis-offene Frage und lautet ganz einfach:

“Woran denken Sie NICHT, wenn Sie daran (an das Problem) denken?” bzw.

“Was erzählen Sie NICHT, wenn Sie  das (jemand anderen oder sich selbst) erzählen?!

Probieren Sie die Anti-Frage einfach mal auf, wenn Sie (wieder mal) zum 100-ten Mal, das selbe Problem oder eine Szene im Kopf haben und lassen Sie sich von den Bildern, Gedanken und Empfindungen überraschen….

Hintergrund:

Die Anti-Frage hat einen Bezug zur Systemischen Therapie (Kontrast-Szenarien) oder auch der Akzeptanz Commitment Therapie/Training (ACT). In beiden Ansätzen geht es darum, dass es neben dem Problem-Fokus oder dem „schwierigen Lebensbereich“ auch andere Bereiche gibt, in den „etwas gut oder zumindest nicht so problematisch“ ist.

Es ist allerdings auch möglich, dass ein Problem in den Fokus rutscht – und an diesem festgehalten wird -, das als „das kleinere Übel scheint“. „Hinter“ diesem Problem ‚lauert‘ – auch scheinbar ein noch viel größeres, das noch mehr Angst macht oder „wie ein nicht besteigbarer Berg“ aussieht …..

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Opfer sind Täter sind Opfer – eine zirkuläre, systemische Sicht

Opfer sind Täter sind Opfer – eine zirkuläre, systemische Sicht

Am Beispiel einer Anfrage kam das „Thema Sozial-Phobie“ auf; Sozial-Phobie als Angst vor Menschen bzw. Situationen zu vermeiden, in den (scheinbar oder tatsächlich) andere Menschen Kontrolle über einen selbst ausüben.

Nun ist eine Sicht, sich selbst als Opfer zu sehen, zu erleben, wenn man davon ausgeht, dass andere Menschen die Kontrolle haben und einem ‚etwas Böses antun wollen‘.
Und es kann biografisch gesehen tatsächlich Erfahrungen gegeben haben, in denen das genauso geschehen ist.
Die übliche Strategie ist, weitere Erfahrungen zu vermeiden und z.B. – im Extrem-Fall – das Haus nicht mehr zu verlassen.

Die Ich-Botschaften dabei sind – aus einer Opfer-Haltung heraus:

  • „Ich bin ausgeliefert“
  • „Ich bin hilflos“
  • „Ich habe keine Kontrolle über die Situation/die anderen Menschen“

Wie sieht nun aber die Umkehrung – die ‚pauschale‘ Du-Botschaft über die anderen Menschen – aus ?
‚Pauschal‘ deshalb, weil die Aussagen auch auf Menschen verallgemeinert werdend, die man ja noch gar nicht kennt.

  • „Ihr wollt mir was Böses tun“
  • „Ihr seid schlechte Menschen“
  • ….

Und diese ‚pauschalen‘, verallgemeinerten Aussagen, könnte man auch als Anklage, Vorwurf und somit als Täter-Haltung sehen.

Und man könnte auch sagen, dass Menschen, die eine Sozial-Phobie ‚haben‘ und daran festhalten, sich nicht nur selber isolieren sondern sich in gewisser Weise auch an den anderen Menschen rächen, indem sie nämlich den anderen etwas vorenthalten:

Sich selbst.

  • Niemand soll jemals erfahren, wie einzigartig Sie sind.
  • Niemand soll jemals Ihre Fähigkeiten kennenlernen.
  • Niemand soll jemals auf Ihre Unterstützung und Hilfe hoffen dürfen

Und weil Niemand Sie jemals kennenlernen wird, werden Sie vielleicht hoffen, dass Sie eines Tages doch entdeckt werden, in Ihrer Höhle…

Aber falls das nicht passiert, werden Sie vielleicht noch enttäuschter, halten die Anderen für egoistisch, gemein und unterstellen ihnen, dass sie Sie ablehnen…

Dann ziehen Sie sich noch mehr zurück…..

… und so weiter.

Und wenn am Ende Ihres Lebens der Gedanke auftaucht:

„Eigentlich hat mich nie jemand kennengelernt – (auch) weil ich Niemand eine Chance dazu gegeben habe“

… wäre das nicht unendlich schade?!

In diesem Sinne, hoffe ich, dass dies ein kleiner Impuls sein kann, einmal anders (?) über

Sozial-Phobie“ nach zu denken.

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