„Ein toller Workshop – und dann kam der Alltag“ – Wenn Wochenend-Seminare nicht nachhaltig sind

„Ein toller Workshop – und dann kam der Alltag“ – Wenn Wochenend-Seminare nicht nachhaltig sind

Vielleicht kennen Sie das: Sie gehen mit einem Anliegen oder Problem zu einem Wochenend-Workshop, voller Hoffnung und Erwartung, dass Sie danach eine Lösung haben.

Der Workshop ‘läuft’ gut, ist intensiv und tatsächlich: “Es löst sich was”. Sie haben eine wichtige Erkenntnis, eine neue Einsicht und frohgemut, gut gelaunt gehen Sie am Sonntag nach hause und wollen am Liebsten sofort beginnen, das ‘Gelernte’ in die Tat umzusetzen, ‘es ab jetzt anders zu machen’. Und möglicherweise geht das auch  – für eine Weile. Doch nach und nach schwindet die Euphorie, der Elan lässt nach, die guten Vorsätze sind bald nur noch Erinnerung. Und früher als Ihnen lieb ist, ‘stehen Sie im Grunde an der selben Stelle’ wie vor dem ‘tollen Workshop’.

Falls Sie im Wesentlichen als Seminarteilnehmer diese Erfahrung kennen – oder auch, wenn Sie immer das Meiste nachhaltig umsetzen konnten, was Sie an einem Wochenende an neuen Erkenntnissen gewonnen haben, sind Sie herzlich eingeladen, über Ihre Erfahrungen zu berichten.

Und falls Sie Auftraggeberin sind:

Ist es nicht frustrierend, dass die Weiterbildungen, die Sie bezahlen, im Grunde nach wenigen Wochen nur noch ein „Bruchteil“ wert sind?!

Das Ziel dabei ist, aus Ihren persönlichen Erfahrungen, die ‘Stolpersteine’, ‘Verführer’, Blockaden und Hindernisse zu entdecken und entsprechende Strategien zu entwickeln, “das Wunder des Wochenendes” im Alltag zu verankern…..

 

Spenden /Beitrag zum Lebensunterhalt und für die Arbeit des FIP - Freie Institut Psychologie

2 Gedanken zu „„Ein toller Workshop – und dann kam der Alltag“ – Wenn Wochenend-Seminare nicht nachhaltig sind“

  1. Ich kann – neben dem einen oder anderen Workshop/ Vortrag – aus der Erfahrung einer 8-wöchigen Reha nach Burn-Out/ Depression berichten und würde deshalb mal den Wochenendworkshop einem längerfristigen Aufenthalt in einer Klinik gegenüberstellen. Dabei vernachlässige ich natürlich die stark unterschiedliche Zielrichtung beider Betrachtungsobjekte, mir geht es nur um das Übertragen des Gelernten in den Alltag.

    Ich habe die Atmosphäre in der Klinik das Bild von verbrannter Erde in einem Gewächshaus empfunden:

    Nach einem Burn-Out bleibt oft verbrannte Erde zurück. Das gute daran ist, daß verbrannte Erde auf längere Sicht äußerst fruchtbar ist. Ein Klinikaufenthalt und damit das Herausnehmen aus dem Alltag ist wie ein schützendes Gewächshaus für diese Erde, in die der Patient gemeinsam mit Therapeuten und Mitpatienten behutsam neue Saat einbringen kann.
    In meinen Augen ist diese Schutzatmosphäre des Gewächshauses wichtig, junge Pflanzen müssen erst Kraft gewinnen, bevor sie dem Alltag ausgesetzt werden können.

    Ein solches Gewächshaus kann ein Wochenend-Workshop kaum bieten und erreicht deshalb auch meines Erachtens eine wesentlich geringere Tiefe.
    Die Frage ist, ob die größere Tiefe eines längerfristigen stationären Aufenthaltes auch wirklich mehr zu nachhaltiger Veränderung beiträgt oder lediglich die Zeitspanne ausdehnt, bis alte Muster sich dann doch wieder einschleichen.

    Mein Gefühl sagt mir, wirklich nachhaltig ist nur das, was Dürkheim mit „Der Alltag als Übung“ beschreibt. Nur dauerhafte, nur tägliche Übung verbunden mit einem hohen Maß an Achtsamkeit kann neue Erkenntnisse, neue Verhaltensweisen verankern. Wenn wir etwas in unserem Leben 1000 mal falsch gemacht haben, dann müssen wir es vielleicht erst 1000 mal richtig machen, bevor sich die Tür zu dauerhafter Veränderung öffnet.

    Herz(!)liche Grüße
    Nomindness

    1. Hallo Nomindness,

      herzlichen Dank schon mal dafür, dass Sie sich Zeit genommen haben, diesen Kommentar/Artikel zu schreiben, der für mich viele wertvolle ‘Punkte’ enthält.

      Mir gefällt schon Mal die Metapher “…das Bild von verbrannter Erde in einem Gewächshaus empfunden:”, die sich mit meinem ‘kritischen Blick” auf die ‘populären’ Ziele-Erreichen-Techniken deckt und eine Alternative aufzeigt: Selbst-Entwicklung als Samenkorn-Metapher, die einen entsprechenden, Boden, Wasser, Licht und Schutz braucht (= Atmosphäre), um so zu sein/zu werden, wie sie natürlicher Weise ist.

      So verstehe ich auch Ihr Bild“in schützendes Gewächshaus für diese Erde, in die der Patient gemeinsam mit Therapeuten und Mitpatienten behutsam neue Saat einbringen kann.”

      Hier gefällt mir besonders: “behutsam” und auch die Würdigung/Erwähnung der “Mitpatienten” – beides halte ich für eine Systemische Entwicklung für eine Art Grundvoraussetzung. “Behutsam”, weil aus meiner Sicht viele Menschen, die sich im weitesten Sinne mit “Psychotherapie” oder “Persönlichkeitsentwicklung” beschäftigen, auch (genug?!) Erfahrungen gemacht haben, wie es ist, wenn man zu etwas gedrängt wird – auch und insbesondere in einer “Therapie” (ich kenne das leid-er auch).
      Und “Mitpatienten” sind für mich sehr, sehr wichtige “Erfahrungsexperten”, der Schatz m.E. viel zu selten genutzt wird. Die Grundidee des Companion-Forums soll diese Schätze zur Verfügung stelle und nutzbar machen – sowohl für sich selbst, als auch für die anderen.

      Zu “Ein solches Gewächshaus kann ein Wochenend-Workshop kaum bieten und erreicht deshalb auch meines Erachtens eine wesentlich geringere Tiefe.”

      Dem kann ich auch zustimmen, was (aber auch) sinnvoll sein kann (dass die Tiefe a) nicht nötig bzw. b) gewünscht ist, da z.B. ‘zu viel ‘aufgewirbelt’ würde und im Alltag/im alltäglichen System (Familie, Partnerschaft, Arbeitsplatz…) nicht integrierbar wäre.
      Und was für Ihre Frage gilt, “…ob die größere Tiefe eines längerfristigen stationären Aufenthaltes auch wirklich mehr zu nachhaltiger Veränderung beiträgt oder lediglich die Zeitspanne ausdehnt, bis alte Muster sich dann doch wieder einschleichen” gilt m.E. sowohl für Abend-, Wochenend- Angebote und lt. meiner Kenntnis auch für Klinikaufenthalte.

      Die Lösung dafür sehe ich auch darin (durch Leo Babauta  bzw. “zenhabits” bestärkt), dass “..nur dauerhafte, nur tägliche Übung verbunden mit einem hohen Maß an Achtsamkeit (…) neue Erkenntnisse, neue Verhaltensweisen verankern [kann ]” und zwar in ganz, ganz kleinen Schritten (“Mikro-Schritte” = 1 – 2  Sekunden oder Atemzüge).

      Neben “der Kunst, etwas Neues zu tun” gibt es auf der ‘Gegenseite’ auch “Die Kunst des Nicht-wieder-tun”, wenn alte Muster auftauchen, aktiviert werden.

      Auch dieses Nicht-wieder-tun ist wichtig und beginnt mit Mikro-Schritten, z.B. beim Wahrnehmen dieser alten Reaktionsmuster ”…, sich die Zeit zu nehmen, einmal kurz innezuhalten, einen oder zwei bewusste Atemzüge [nehmen]” (Quelle: “Lächeln” –  ; 26.06.2012 )   ;-)

      Und diese beiden Künste könnten aus meiner Sicht AUCH bereits in den Tages- und Wochenend-Angeboten bereits eingeleitet werden,

      a) in dem im Sinne der “Drei-Minuten-Analyse” der kleinst-mögliche und für die Person machbarsten Mikro- Schritt herausgefunden wird und/oder

      b) während der Workshops diesen neuen Schritt ‘trainiert’, durchgeprobt wird und zwar so lange, ‘bis er sitzt’ – oder wie Sie schreiben – “..neue Verhaltensweisen [verankert]” werden können.

       

      Und aus meiner Erfahrung und Rückmeldung von anderen Workshop-Teilnehmern, findet diese Integrationsphase so gut wie nie statt.

      Das soll im FIP-Berlin natürlich ganz anders sein…. ;-)

       

      Soweit erstmal….

       

      Herzlichen Dank nochmal für die inspirierende Bereicherung

       

      Ulrich Just

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